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Erhellender Vortrag über Abt Knauer und das Neydeckerhaus in Weismain

Vor Kurzem lud das Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW) zu einem interessanten Vortrag ihres Vorsitzenden Prof. Dr. Günter Dippold in das Verwaltungsgebäude der dechant hoch- und ingenieurbau gmbh ein.

Unter dem Titel „Mauritius Knauer und der Kauf des Neydeckerhauses“ erläuterte der oberfränkische Bezirksheimatpfleger detailliert die historischen Zusammenhänge rund um das heutige Rathaus von Weismain sowie die Rolle von Abt Knauer, einem Sohn der Stadt. Die rund 70 Zuhörer bedankten sich anschließend mit großem Beifall.

Historische Hintergründe
Das Neydeckerhaus wurde 1543 von Moritz Neydecker errichtet und galt lange als Symbol des Wohlstands der Familie in Weismain und Bamberg. Die Baukunst und die familiären Verbindungen – etwa der Erhalt des Familienwappens – unterstrichen die Bedeutung des Hauses. Über Generationen ging das Gebäude in den Besitz des Klosters Langheim über, nachdem die Familie es wohl ab 1585 nicht mehr bewohnte. Der Dreißigjährige Krieg traf auch das Kloster hart, was zu einer angespannten wirtschaftlichen Situation in der Region führte.

Reformvorhaben und Konflikte
Mauritius Knauer, ein gebürtiger Weismainer mit breitgefächerter Bildung und theologischer Doktorwürde, wurde 1649 zum Abt des Klosters Langheim gewählt. Mit dem Ziel, die klösterliche Besitzverwaltung neu zu ordnen und traditionelle zisterziensische Wirtschaftsweisen wiederzubeleben, erwarb Knauer 1650 das Neydeckerhaus. Dieses sollte als Verwaltungszentrum und Rückzugsort in Krisenzeiten dienen.

Die Umstrukturierung sah vor, die klösterlichen Güter in überschaubare Einheiten zu gliedern und von Konventualen statt von weltlichen Kräften verwalten zu lassen. Der Kauf löste jedoch heftige Auseinandersetzungen aus. Die heimliche Erwerbung des städtischen Lehens sorgte in Weismain und bei den Behörden in Bamberg für Misstrauen. Es kam zu Konflikten, die Knauer zeitweise zur Flucht und sogar zur Festnahme zwangen, während gleichzeitig Machtansprüche zwischen dem Kloster und dem Bistum Bamberg aufeinanderprallten.

Folgen und Bedeutung des Erwerbs
Der Versuch, mit dem Kauf des Neydeckerhauses eine umfassende Reform der klösterlichen Verwaltung einzuleiten, stieß auf erheblichen Widerstand. Insbesondere die angestrebte Verbindung von geistlicher Betreuung und wirtschaftlicher Selbstverwaltung konnte nicht vollständig realisiert werden. Der erhoffte wirtschaftliche Nutzen – etwa die Steigerung der Einnahmen durch Eigenbetriebe und eine effizientere Verwaltung des Klosterbesitzes – blieb ebenfalls aus.
Für Abt Knauer, „einem innovativen Kopf, der neue Wege beschritt“, brachten die geplanten Maßnahmen letztlich nicht den erhofften Erfolg – der mit dem Erwerb des Neydeckerhauses einhergehende Reformversuch scheiterte. Nach seinem Tod im Jahr 1664 darbte das Weismainer Stadthaus lange Zeit dahin, ehe es 1760 vom Kloster Langheim weiterverkauft wurde. Rund fünf Jahre später wurde das Gebäude als Rathaus genutzt, was den Wandel seiner Funktion im städtischen Kontext deutlich macht.
Die Firma dechant fördert als Mitgründer der Stiftung Colloquium Historicum Wirsbergense (CHW-Stiftung) gemeinnützige Zwecke. Das 1924 in Wirsberg gegründete CHW ist mit über 1.900 Mitgliedern einer der größten Geschichtsvereine in Bayern.